24, 25, 30 oder 59,94 Bilder pro Sekunde? Moderne Kameras bieten bei der Videoaufnahme eine Vielzahl von Frameraten an. Problematisch wird es vor allem dann, wenn beim Schneiden eines Videofilms Material mit unterschiedlichen Frameraten verarbeitet werden muss. Denn der fertige Film wird immer mit einer einheitlichen Framerate produziert und ausgespielt. Unterschiedliche Frameraten werden dafür in die Framerate des fertigen Films umgewandelt. Dabei kommt es oft zu Rucklern oder dem sogenannten „Ghosting“: Geisterbilder die als schemenhafte Umrisse um die eigentlichen Bildmotive erscheinen und die Bildqualität stark herabsetzen.

Keine Probleme bei ganzzahligen Vielfachen

Praktisch alle aktuellen Schnittprogramme können Clips nahezu beliebiger Frameraten verarbeiten. Wird ein Clip mit einer Framerate von 59,94 Bildern/s in eine Timeline von 29,97 Bildern/s gelegt, ist das kein Problem. Die Software kann einfach jedes zweite Bild löschen und reduziert damit verlustfrei die Framerate des Clips auf die der Timeline. Auch die ursprüngliche Länge des Clips bleibt unangetastet. Alternativ kann die höhere Framerate für einen Zeitlupeneffekt genutzt werden, indem der Clip auf halbe Geschwindigkeit eingestellt wird. Auch hier treten keine Qualitätsverluste auf.

Der umgekehrte Fall funktioniert ebenfalls. Bei einem Clip mit 29,97 Bildern/s in einer Timeline von 59,96 Bildern/s lassen sich die Einzelbilder verdoppeln oder sogar Zwischenbilder berechnen.

Frameraten die ganzzahlige Vielfache voneinander sind, lassen sich gut ineinander umwandeln.

Ruckler und Geisterbilder

Ghosting bei Umwandlung von 25 auf 29,97 Bildern/s

Deutliches Ghosting bei Umwandlung von 25 auf 29,97 Bilder/s

Schwieriger wird es bei Frameraten die nah beieinander liegen. Um einen Clip mit 25 Bildern/s in eine Timeline mit 29,97 (30) Bildern/s zu integrieren, müssen die fehlenden Einzelbilder berechnet und hinzugefügt werden. In diesem Beispiel 4,97 Bilder pro Sekunde. Wie aber sollen 4,97 Bilder gleichmäßig zwischen 25 Bildern eingefügt werden? Gängige Schnittprogramme bieten dafür zwei Methoden an: „Nächster Nachbar“ oder „Bildvermischung“ (Blending). Bei „Nächster Nachbar“ wird nach jedem 5. Bild ein identisches Einzelbild eingefügt. Bei „Bildvermischung“ entsteht das Zwischenbild durch Überblendung. Im ersten Fall entstehen Ruckler, im zweiten Fall Geisterbilder.

Bei statischen Motiven fällt das kaum ins Gewicht, aber wehe es ist Bewegung im Bild. Egal ob Schwenk, Kamerafahrt oder durchs Bild fahrendes Auto: Ruckler oder Ghosting vermindern die Bildqualität.

83,42 Prozent beenden den Spuk

Das Schnittprogramm meiner Wahl ist Edius von Grass Valley. Muss ich Clips von 25 und 29,97 Bildern/s gemeinsam verarbeiten, wähle ich eine Framerate von 29,97 für die Timeline. Zeigt der 25er Clip viel Bewegung, tritt ein starkes und nicht tolerables Ghosting auf.

Jetzt hilft ein Trick: Mit dem Zeiteffekt „Geschwindigkeit“ wird die Abspielgeschwindigkeit des Clips auf 83,42 Prozent vermindert. Bei genau diesem Wert verlängert Edius die Anzahl der Einzelbilder des betreffenden Clips auf 29,97 pro Sekunde. Dahinter steckt eine einfache Rechnung: 25 ist das 0,8342-fache von 29,97.

Screenshot Edius - Geschwindigkeit

Einstellung der Clip-Geschwindigkeit auf 83,42%.

Screenshot Edius - Geschwindigkeit Optionen

Halbbildoptionen: “Nächster Nachbar” und höchste Qualität.

Statt einzelner Zwischenbilder rendert Edius jetzt den gesamten Clip neu, mit bedeutend besserem Ergebnis. Das Ghosting ist kaum noch sichtbar.

Erkauft wird die bessere Bildqualität natürlich mit einer leichten Verlangsamung aller Bewegungen im Videoclip. Bei den meisten Bewegungsabläufen fällt die etwas geringere Geschwindigkeit aber kaum auf.

Ghosting bei Umwandlung von 25 auf 29,97 Bildern/s

Deutliches Ghosting

vermindertes Ghosting durch 83 Prozent Geschwindigkeit

Kaum noch erkennbarer Qualitättsverlust durch Verminderung der Clip-Geschwindigkeit auf 83,42%.

Ob dieser Trick auch bei anderen Schnittprogrammen funktioniert, kann ich nicht sagen. Probieren sie es einfach aus!

 

5. Januar 2022 | Blog, Werkstattbuch | 1.359 views

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