Mehrfachbelichtung war schon immer eine beliebte Technik zur Umsetzung kreativer Bildideen. Durch die Kombination von scharfen und unscharfen Teilbildern lassen sich besonders Herbststimmungen besonders gut einfangen.

Der Herbst fasziniert durch besondere Lichtstimmungen und leuchtende Farben. Nebel, Dunst, tief stehende Sonne und buntes Laub sind die Zutaten für besondere Fotos. Eine gute Gelegenheit für Experimente mit Mehrfachbelichtungen.

Meine Grundidee ist es, ein scharfes Foto mit einem unscharfen Abbild des selben Motivs und Ausschnitts zu kombinieren. Auf diese Weise möchte ich eine märchenhafte, leicht impressionistische Bildwirkung erreichen und damit meinen eigenen Eindrücken herbstlicher Landschaft und Natur besser gerecht werden, als durch eine rein dokumentarische Abbildung.

Stativ erleichtert die Bildgestaltung

Aufeinanderfolgende Bilder mit identischem Ausschnitt sind ohne Stativ nicht möglich. Zwar könnte es durchaus interessant sein, Bilder mit nicht oder nicht ganz identischen Ausschnitt zu kombinieren, ich möchte aber reproduzierbare Ergebnisse.

Die Kamera wird also aufgebaut, ein passender Bildausschnitt eingestellt und ein erstes, scharfes Foto geschossen. Wer eine Kamera mit Mehrfachbelichtungsfunktion besitzt, könnte nun die zweite Belichtung direkt auf das selbe Foto folgen lassen. Ich ziehe es jedoch vor, ganz normal separate Aufnahmen zu machen und später in Photoshop zu kombinieren. Auf diese Weise habe ich bei der Ausarbeitung mehr Gestaltungsmöglichkeiten.

Scharf und gezielt unscharf aufgenommene Fotos einer herbstlichen Nebelstimmung. Ausgangsbilder für "Doppelbelichtung" via Bildbearbeitung.

Scharf und gezielt unscharf aufgenommene Fotos einer herbstlichen Nebelstimmung. Ausgangsbilder für “Doppelbelichtung” via Bildbearbeitung.

Scharf und gezielt unscharf aufgenommene Fotos von Herbstlaub. Ausgangsbilder für "Doppelbelichtung" via Bildbearbeitung.

Scharf und gezielt unscharf aufgenommene Fotos von Herbstlaub. Ausgangsbilder für “Doppelbelichtung” via Bildbearbeitung.

Schärfe manuell, Blende offen

Bevor das zweite Foto gemacht werden kann, muss zunächst die Blende komplett geöffnet werden. Das ist deshalb wichtig, weil ich ja ein unscharfes Bild machen will und dieser Effekt durch Abblenden und die damit verbundene größere Schärfentiefe vermindert wird. Auch den Autofokus gilt es nun abzuschalten und die Schärfe manuell einzustellen. Bei Landschaftsaufnahmen ist dies zumeist nur hin zum Nahbereich möglich, da das Objektiv meist auf „Unendlich“ eingestellt sein dürfte. Und da ich noch nicht genau weiß, wieviel Unschärfe später die optimale Wirkung erzielt, mache ich gleich mehrere Bilder mit unterschiedlicher Fokuslage.

Gegenlicht erzeugt interessantes Bokeh

Wer viel mit offener Blende und geringer Schärfentiefe arbeitet kennt die Wirkung von Gegenlicht und Lichtreflexen. Ein gutes Bokeh macht oft den Unterschied zwischen einem langweiligen und einem interessanten Foto. Um diesen Effekt insbesondere für die unscharfe Teilaufnahme nutzen zu können, wähle ich bevorzugt Motive mit entsprechenden Lichtverhältnissen. Im Herbst bei tiefstehender Sonne kein Problem.

Fotografische Unschärfe

Wenn ein 3-dimensionales Motiv mit einem Objektiv auf eine 2-dimensionale Fläche abgebildet wird, entsteht eine charakteristische Verteilung von Schärfe und Unschärfe. Nur die Objekte in einer ganz bestimmten Entfernung zur Kamera werden scharf abgebildet. Je weiter entfernt die übrigen Objekte von dieser Fokusebene sind, desto unschärfer werden sie. Es gibt noch einen weiteren Effekt: Stelle ich das Objektiv auf weit entfernte Motivteile scharf und fokussiere dann auf nahe Motivteile, werden die entfernteren Objekte plötzlich kleiner abgebildet und der gesamte Bildausschnitt wird etwas größer. Dieser „Lupeneffekt“ führt bei der Belichtung identischer Ausschnitte mit unterschiedlicher Schärfe zu nicht deckungsgleichen Ergebnissen. Dieser Effekt ist aber durchaus willkommen.

Ein mit der Kamera unscharf aufgenommenes Motiv enthält also immer noch Informationen zur Entfernung der einzelnen Motivteile zueinander in Form unterschiedlich verteilter Unschärfe. Dies ist ein wichtiger Unterschied zu einem Foto welches nachträglich durch Bildbearbeitung unscharf gemacht wird.

Screenshot der Ebeneneinstellungen in Photoshop. Zur Auswahl stehen mehrere Fotos mit unterschiedlich starker Unschärfe. Durch einstellen der Transparenz entsteht nachträglich eine Mehrfachbelichtung.

Screenshot der Ebeneneinstellungen in Photoshop. Zur Auswahl stehen mehrere Fotos mit unterschiedlich starker Unschärfe. Durch einstellen der Transparenz entsteht nachträglich eine Mehrfachbelichtung.

Screenshot der Ebeneneinstellungen in Photoshop. Der Ebenenmodus der oberen Ebene wird auf "Hartes Licht" eingestellt. Die Wirkung lässt sich zusätzlich mit dem Transparenzregler steuern, hier eingestellt auf 50%.

Screenshot der Ebeneneinstellungen in Photoshop. Der Ebenenmodus der oberen Ebene wird auf “Hartes Licht” eingestellt. Die Wirkung lässt sich zusätzlich mit dem Transparenzregler steuern, hier eingestellt auf 50%.

Herbstlaub. Kombination aus scharfem und unscharfem Bild mit Ebenenmodus "Hartes Licht".

Herbstlaub. Kombination aus scharfem und unscharfem Bild mit Ebenenmodus “Hartes Licht”.

Einzelbilder in Photoshop kombinieren

Die Fotos werden nun in Photoshop, oder einer vergleichbaren Bildbearbeitungs-Software, in Ebenen über einander gelegt. Eine Mehrfachbelichtung erzeugt man nun, indem man die Transparenz der oben liegenden Bilder erhöht. Zwei Fotos, dass obere mit 50% Transparenz, entsprechen einer konventionellen Doppelbelichtung direkt in der Kamera.

Besonders bei Nebelbildern verstärkt diese einfache Bildbearbeitung die Herbststimmung bereits ziemlich genauso, wie ich mir das vorgestellt habe. Das halbtransparente, unscharfe Bild löst die Konturen von Blättern und Baumstämmen leicht auf und zaubert ungewohnte Verläufe und Überstrahlungen ins Bild. Mit dem Transparenzregler kann nun die Wirkung genau abgestimmt werden.

Da ich mehrere Fotos unterschiedlich starker Unschärfe aufgenommen habe, kann ich nun wählen, welche Kombination das beste Ergebnis liefert.

Photoshop kann aber noch mehr. Mit der Einstellung Ebenenmodus bzw. Füllmethoden lassen sich weitere Effekte erzielen. Diese Einstellung bestimmt, wie die Farb- und Helligkeitswerte einer Ebene mit denen der darunter liegenden Ebene verrechnet werden. Mir gefällt besonders der Ebenenmodus „Hartes Licht“. Dieser Modus verstärkt die Kontraste im Bild. Zusätzlich lässt sich die Wirkung wiederum mit dem Transparenzregler beeinflussen.

Fazit

Mehrfachbelichtungen aus einer Kombination scharfer und unscharfer Fotos des selben Motivs und Ausschnitts ergeben leicht verfremdete, impressionistische Herbstbilder. Anstatt Doppelbelichtungen direkt in der Kamera zu erzeugen, lassen sich auch Einzelbilder nachträglich im Computer kombinieren. Die Vorteile: präzise Steuerung der Bildwirkung und weitere interessante Möglichkeiten der Verrechnung der Einzelebenen.

 

9. November 2012 | Blog, Fotografie, Werkstattbuch | 14.920 views

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