Damit ein Zeitraffer-Video auf der Grundlage von Intervallaufnahmen gelingt, müssen alle Aufnahmen exakt gleich belichtet werden. Ist das nicht der Fall kommt es zu Helligkeitssprüngen in der Bildsequenz, die im fertigen Video bei 25 Bildern pro Sekunde als unangenehmes Flickern in Erscheinung treten. Letztlich ist ein solches Video unbrauchbar.
Video Starten: auflaufende Flut im Hafen von Steenodde, Amrum
Auflaufende Flut im Hafen von Steenodde auf Amrum. Das deutliche Flickern zerstört die Wirkung des Zeitraffers.

Hauptursache des Flicker: Abblenden

Blendenöffnung in einem Nikon-Objektiv. f5.6.

Blendenöffnung in einem Nikon-Objektiv. f5.6.

Blendenöffnung in einem Nikon-Bjektiv. f22.

Blendenöffnung in einem Nikon-Objektiv. f22.

Bei Spiegelreflexkameras ist die Blende im Normalfall immer vollständig geöffnet. So fällt stets das maximale Licht durch das Objektiv über den Spiegel auf die Sucherscheibe, und Motivwahl und Bildgestaltung können unter optimalen Bedingungen erfolgen. Diese Einstellung der Blendenöffnung wird auch als Arbeitsblende bezeichnet. Erst beim Drücken auf den Auslöser wird mehr oder weniger zusammen mit dem Hochklappen des Spiegels auch die Blendenöffnung auf den zuvor eingestellten Wert verringert. Die Blendenlamellen schnellen zusammen, um sich gleich nach erfolgter Belichtung wieder zu öffnen.

Dieser mechanische Vorgang ist naturgemäß fehlerbehaftet, und die Blendenlamellen schließen sich auch bei gleicher Blendenzahl nicht immer exakt zur identischen Blendenöffnung. Das Resultat: Von Aufnahme zu Aufnahme gelangt etwas mehr oder etwas weniger Licht auf den Sensor und damit werden auch die Fotos unterschiedlich belichtet.

Dieses Problem liegt in der Natur der Sache und tritt auch bei hochwertigen Objektiven auf. Je nach Bauart und Lage der Blendenlamellen im Strahlengang unterscheiden sich die Durchmesser der einzelnen Blendenstufen nur um Bruchteile eines Millimeters. Null Toleranz ist hierbei technisch unmöglich.

Die Lösung: möglichst mir offener Blende Fotografieren

Da das Problem nur dann auftritt, wenn die Blende unmittelbar vor der Aufnahme geschlossen wird, kann es durch Fotografieren mit komplett offener Blende vollständig vermieden werden. Ferner gilt: Je weniger abgeblendet wird, desto geringer sind die Auswirkungen der mechanischen Toleranz beim Schluss der Blendenlamellen.

Zur Erinnerung: Die Blendenstufen am Objektiv sind so definiert, dass sich beim Abblenden die Lichtmenge jeweils halbiert. Dazu muss sich auch die Fläche der Blendenöffnung halbieren. Und da bei einer kreisförmigen Öffnung die Fläche eine Funktion des Durchmessers im Quadrat ist, verringern sich die Unterschiede im Durchmesser von Blendenstufe zu Blendenstufe ebenfalls quadratisch. Je stärker abgeblendet wird, desto höher werden die Anforderungen an die mechanische Präzision.

Einige Autoren empfehlen deshalb nicht weiter als bis Blende 8 abzublenden, bei meinem bevorzugten Objektiv für Intervallaufnahmen ist das bereits zu viel. Ich rate deshalb dazu Tests mit der eigenen Ausrüstung durchzuführen.

Der Trick: Fotografieren mit permanent geschlossener Blende

Blendenring an einem älteren Nikon-Objektiv, AF Nikkor 24 mm 1:2.8 D

Blendenring an einem älteren Nikon-Objektiv, AF Nikkor 24 mm 1:2.8 D

Vollständig im Bajonett eingerastetes Objektiv an einer Nikon DSLR

Vollständig im Bajonett eingerastetes Objektiv an einer Nikon DSLR. Die Blendensteuerung übernimmt jetzt die Kamera.

Nicht im Bajonett eingerastetes Objektiv an einer Nikon DSLR

Nicht im Bajonett eingerastetes Objektiv an einer Nikon DSLR. Die Blendensteuerung ist jetzt nicht aktiv und die Blende bleibt permanent auf dem am Blendenring eingestellten Wert.

Fehleranzeige bei fehlender Blendensteuerung: F0

Fehleranzeige bei fehlender Blendensteuerung: F0

Nun beeinflusst die Blende ja bekanntermaßen nicht nur die Lichtmenge, sondern auch die Schärfentiefe. Die Blende ist damit eines der Hauptgestaltungsmittel und der Verzicht darauf wird dem ambitionierten Fotografen wohl ebenso schwerfallen, wie die Amputation eines Beines. Da ist die bessere Lösung mit Sicherheit, auf einen anderen Vorteil von SLR’s zu verzichten: das Arbeiten mit offener Blende.

Warum nicht einfach das Objektiv permanent auf die gewünschte Blendenstufe einstellen? Wenn sich die Blendenlamellen nicht bewegen, sondern konstant auf der eingestellten Öffnung verharren, gibt es auch keine Variation in der Lichtmenge.

Bei Nikon-Kameras ist dieser Trick sehr leicht umsetzbar: einfach das Objektiv beim Ansetzen an die Kamera nicht vollständig im Bajonett einrasten lassen. Damit ist die Steuerung der Blendenöffnung durch die Kamera nicht mehr möglich und die Blende wird auf den am Blendenring eingestellten Wert fixiert. Aber Achtung: Hierbei muss unbedingt darauf geachtet werden, dass das Objektiv einerseits noch fest genug am Gehäuse sitzt, und anderseits die Blendenöffnung auch wirklich geschlossen ist!

Und noch ein Tipp: Achten sie auf die Gegenlichtblende. Das Objektiv sitzt jetzt verdreht am Gehäuse und damit ist auch die Gegenlichtblende nicht mehr richtig ausgerichtet und kann Schattierungen in den Bildecken verursachen.

Da bei Zeitrafferaufnahmen die Belichtung ohnehin manuell eingestellt werden sollte, ist der mit diesem Trick einhergehende Ausfall der Belichtungsautomatik kein Problem. Das selbe gilt für das Scharfstellen.

Video starten: Wolkenzug über dem Westerberg bei Göttingen
Wolkenzug am Westerberg bei Göttingen. Aufgenommen mit AF Nikkor 24 mm 1:2.8 D und Blende 8 bei entriegeltem Objektiv. Es tritt kein Flicker auf.

Objektive ohne Blendenring

Mechanik zur Übertragung der Blendensteuerung auf das Objektiv an einer Nikon-DSLR

Mechanik zur Übertragung der Blendensteuerung auf das Objektiv an einer Nikon-DSLR

Mechanik zur Übertragung der Blende an einem Nikon-Objektiv. F 22.

Mechanik zur Übertragung der Blende an einem Nikon-Objektiv. F 22.

Mechanik zur Übertragung der Blende an einem Nikon-Objektiv. F 2.8.

Mechanik zur Übertragung der Blende an einem Nikon-Objektiv. F 2.8.

Dummerweise verfügen viele aktuelle Objektive allerdings nicht mehr über einen Blendenring, können also auch nicht manuell auf eine bestimmte Blende eingestellt werden. Bei Nikon-DSLR’s hat man mit solchen Objektiven nur zwei Möglichkeiten: fotografieren mit offener Blende oder Einstellen komplett geschlossener Blende.

Bei Nikon-DSLR’s wird die Blende mechanisch vom Gehäuse aus bewegt und die vollständige Öffnung der Blendenlamellen – die Arbeitsblende – erst beim Einrasten des Objektivs in der Bajonettverriegelung erreicht. Die letzten Millimeter vor dem Einrasten öffnen die Blende kontinuierlich von der kleinsten bis zur größten Öffnung. Beim Auslösen allerdings wird bei nicht eingerastetem Objektiv die Blende immer auf die kleinste Öffnung geschlossen. Setzt man nun also das Objektiv so an, dass die Blendenlamellen komplett geschlossen sind, fotografiert man konstant mit kleinster Blende.

Allerdings hat Fotografieren mit kleinster Blende einige Nachteile. Es entstehen lange Belichtungszeiten und die Schärfe leidet durch die an sehr kleinen Blendenöffnungen auftretenden Beugungseffekte. Auch hier gilt also einmal mehr: Testen sie ihre Ausrüstung um die optimale Arbeitsweise zu ermitteln.

Fazit

Das jedes Zeitraffer-Video zerstörende Flickern wird schon bei der Aufnahme durch ein paar einfache Tricks vermieden. So wie bereits Belichtungsautomatik und Autofokus zwingend ausgeschaltet werden müssen, wird auch die Blendenöffnung manuell eingestellt. Besitzer von Objektiven mit Blendenring kommen jetzt in den Genuss der üblichen Blendenstufen und können wie gewohnt damit arbeiten. Mit Objektiven ohne Blendenring kann hingegen lediglich mit komplett offener oder komplett geschlossener Blende fotografiert werden. Aber Achtung: die hier vorgestellten mechanischen Tricks habe ich nur bei Nikon-DSLR’s getestet!

weitere Artikel zum Thema

Zeitraffer mit der DSLR – Teil 1: Grundlagen

 

10. Oktober 2012 | Blog, Fotografie, Werkstattbuch | 11.979 views

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